„Pferdedreck,
das darf nicht wahr sein!“
Drystanes
Laune hatte den Tiefpunkt erreicht, noch bevor er aus der Kutsche stieg. Ein
Blick aus dem Fenster des Wagens genügte ihm, um zu wissen, dass er zu spät war,
obwohl er den Fahrer zu einem halsbrecherischen Tempo angehalten hatte.
Giancovelli
war vor ihm angekommen – Wie hat der Mistkerl
das geschafft? – und würde ihm den Zutritt zum Tatort verweigern. Und auf
die Weise dafür sorgen, dass Drystane eine grandiose Geschichte durch die
Lappen ging.
Jeden
anderen Polizisten hätte er überreden oder überlisten können, aber nicht Giancovelli.
Der würde ihm die Tour vermasseln.
„Was
ist denn, Mr Marshall?“, fragte sein Pressezeichner und hob den Vorhang an, um müde
hinauszuspähen. Sein fehlender Enthusiasmus wäre durch die frühe Morgenstunde
zu entschuldigen gewesen, wenn er kein Teil seines Charakters wäre. „Oh“,
nickte Neb, als er den Grund für Drystanes Missgestimmtheit entdeckte. „Das ist
nicht gut.“
„In
der Tat. Nichts ist jemals gut, wenn ich diesen Narren ansehen muss.“ Zähneknirschend
musterte er Giancovelli, wie er in Gesellschaft seines rotbraunen Jagdhundes abseits
der anderen Beamten vor dem Haus am Ende der Straße stand. Übelgelaunt gaffte
er zur Kutsche herüber. Als ihre Blicke sich trafen, legten sich ihrer beider
Stirnen in Falten, und Drystane ließ den Vorhang mit einem Knurren an seinen
Platz zurückfallen. „Lass uns gehen. Drystane Marshall gibt nicht kampflos auf.“
Neb
seufzte und stieg vor ihm aus dem Gefährt. Widerwillig und dennoch entschlossen
folgte Drystane ihm und griff sich mit der Rechten an den Kragen seines Mantels,
um ihn zuzuhalten, damit die beißende Kälte nicht unter seine Kleider kriechen
konnte. Sein Gebaren hielt sie allerdings nicht davon ab.
Zumindest
hatte es inzwischen aufgehört zu schneien. Die ganze Nacht lang waren dicke
Flocken aus den Wolken gefallen. Er hatte vom Fenster seines Büros aus
beobachtet, wie sie sich auf der Erde niedergelassen hatten, um die Straßen
Ascots mit Matsch zu bedecken und ihn zu ärgern. Mit jedem Schritt in Richtung
Giancovelli schmatzte es unter den Sohlen seiner sündhaft teuren Boniver Fred’s. Er hasste dieses
unelegante Geräusch, vor allem, wenn es ihn
irgendwohin verfolgte!
„Einen
wunderschönen guten Morgen, Giancovelli“, säuselte er mit einem aufgesetzten
Lächeln, um dessen Falschheit sein Gegenüber sehr wohl wusste.
Detective Sergeant Giancovelli
ließ sich zu keinem noch so winzigen Nicken herab. Stattdessen stand er
regungslos vor ihm und betrachtete ihn aus seinen kühl wirkenden Augen, die von
unbeschreiblicher Farbe waren. Blau? Grün? Eine Mischung davon? Wen interessierte
das? Sein dunkelblondes Haar, welches ihm bis über die Schultern reichte, war
feucht. Vermutlich geschmolzener Schnee.
Drystane
knirschte aufgrund der Unhöflichkeit mit den Zähnen und ignorierte das Brummen
des Hundes. „Ich will einen Blick ins Haus werfen. Die Ascot Daily Mail will über den Vorfall berichten. Wäre es möglich,
dass...?“
Seine
Bitte wurde mit einem Kopfschütteln abgeschmettert, noch ehe man ihm die
Möglichkeit gegeben hatte, sie gänzlich vorzubringen.
„Ihr
werdet mich abermals warten lassen, bis die restlichen Reporter eingetroffen
sind? Muss ich mich in Geduld üben, bis Chef
de police Howard die Gnade zeigt, den Journalisten ein paar Brocken Informationen
hinzuwerfen?“
Giancovelli
schüttelte erneut das Haupt und schluckte auf jene bemühte Weise, auf die er es
meist tat. Er strich sich mit dem Handrücken eilig über die Lippen.
„Was
dann?“, forderte Drystane zu wissen und klammerte sich mit halb erfrorenen
Fingern an den Riemen seiner ledernen Umhängetasche.
Mit
unwirschen Handbewegungen deutete Giancovelli ein paar Gesten in
Gebärdensprache.
„Was
will er uns sagen?“, fragte Neb.
Drystane
nahm keine Notiz von ihm. „Ich soll nach Hause fahren?“, wiederholte er den
stummen Befehl und Zorn verbrannte ihm die Eingeweide.
Giancovelli,
dieser unerträgliche Arsch, nickte und schluckte abermals auf diese sonderbar
enervierende Art.
„Aus
welchem Grund?“, presste Drystane zwischen den Zähnen hervor.
Das
schlichte Handzeichen, das ihm zur Antwort gegeben wurde, stand für Anweisung. Drystane hatte sie alle
auswendig gelernt, um mit dem Mistkerl streiten zu können, auch ohne dass
dieser ein Wort sagen musste.
„Anweisung
von wem? Seid Ihr sicher, dass Ihr mich nicht schlichtweg wieder in der
Ausübung meiner Arbeit behindern wollt?“
Statt
einer Erwiderung musterte Giancovelli ihn flüchtig von oben bis unten. Dabei
verdüsterte sich seine Miene und er zog ein kariertes Taschentuch hervor, um
sich unwillig über den Mund zu wischen.
Nun geht das wieder los! Was auch
immer es war, es nervte Drystane gewaltig. Ebenso wie der abschätzige Blick,
mit dem Giancovelli ihm zeigte, wie wenig er von ihm hielt. „Verdammtes
Arschloch“, murrte er und wandte sich ab, um ihn in dem Glauben zu lassen, er
träte geläutert den Rückzug an. „Der Blödmann soll endlich zur Hölle fahren,
damit ich hier meine Ruhe habe.“
„Ihr
habt mich also umsonst aus dem Bett holen lassen“, murmelte Neb.
„Es
ist noch nicht vorbei“, erwiderte Drystane und wirbelte herum, um Richtung Haus
zu laufen. Sogleich ertönte warnendes Gebell und der Matsch machte ihn langsam,
doch er musste es versuchen! Die Bemühungen seines Spions, der ihm den Tipp
gegeben hatte, noch ehe die Detectives sich am Tatort eingefunden hatten, sollten
nicht umsonst gewesen sein. Er musste einen Blick auf Eileen Forsythes Leiche
werfen, um sich ein Bild vom Tathergang machen zu können! Alles andere wäre
reine Spekulation und seine Berichterstattung konnte nicht von einer solchen
abhängen!
Er
war nicht weit gekommen, da wurde er von hinten gepackt.
Kräftige
Finger schlangen sich um seinen Oberarm. Giancovelli schubste ihn in Richtung
Kutsche und schnitt eine bitterböse Grimasse, die ihm Angst einjagen sollte,
ihn aber lediglich zornig machte.
„Nur
eine Minute, verdammt! Gebt mir nur eine Minute!“, brüllte Drystane und machte
die restlichen Beamten auf sich aufmerksam, die sich köstlich über ihn amüsierten
– diese vermaledeiten Mistsäcke!
Giancovelli
versetzte ihm einen weiteren Stoß, der ihn ins Wanken brachte. Er verlor auf
dem rutschigen Untergrund den Halt und landete so heftig mit dem Hintern auf
dem Pflasterstein, dass ihm die Zähne klapperten. Ein Schauder der Kälte durchfuhr
seinen Körper, gleich darauf ging er vor Wut in Flammen auf. „Was bildet Ihr
Euch ein, auf diese Weise mit mir umzugehen, Ihr verfluchter Arsch?!“
Neb
eilte an seine Seite, um ihm aufzuhelfen, doch Drystane schlug dessen Hand fort
und kam aus eigener Kraft in die Höhe.
„Was
fällt Euch ein?!“, zeterte er, während er den schmutzigen Schnee von seinem
Mantel klopfte. „Sollte der Stoff ruiniert sein, werdet Ihr höchstpersönlich
für den Ersatz aufkommen, das verspreche ich Euch!“
Giancovelli
verzog keine Miene und wandte sich ab. Sein Hund folgte ihm so abrupt, als wäre
er am Bein seines Herrn festgemacht.
„Habt
Ihr mich gehört, Giancovelli?!“
Der
Mann hob die rechte Faust und zeigte ihm den Mittelfinger, ohne sich zu ihm
umzudrehen.
„Euch
ist schon klar, was diese Geste bedeutet, oder? Verfluchter Narr! Ihr droht mir
mit Penetration!“, donnerte Drystane.
„Na, dann kommt doch, und fickt mich, Giancovelli! Kommt und fickt mich!“
Die
Polizisten vor dem Haus brachen in schallendes Gelächter aus, während
Giancovelli keine Reaktion zeigte.
Drystane
gab einen Laut des bitteren Trotzes von sich und machte auf dem Absatz kehrt,
um in die Kutsche zu steigen. Dabei rutschte er ein weiteres Mal aus und
landete auf dem Steißbein, was für noch mehr Erheiterung sorgte.
Neb
zog ihn hoch und half ihm in ihr Gefährt, in welchem Drystane sich mit einer
Aneinanderreihung von Flüchen und Schimpfworten abreagierte. „Ich hasse den
Kerl! Ich hasse ihn! Oh, ich verfluche
ihn!“
*
Das Holz
knarzte unter seinen Sohlen, als er sich in das schlicht eingerichtete Schlafzimmer
begab, welches Marshall unbedingt hatte besichtigen wollen.
Gero
blieb auf einen Handwink hin vor der Tür sitzen und begann verhalten zu
hecheln. Es behagte ihm nicht, von seiner Seite zu weichen. Donatien strich ihm
zur Beschwichtigung über den Kopf.
Eileen
Forsythe lag auf ihrem Himmelbett. Völlig entkleidet und ungewöhnlich blass.
Der Einstich an ihrem Unterleib, der sie getötet hatte, war kaum zu erkennen.
Man hatte ihr die Kleider ausgezogen, als jegliches Leben bereits aus ihr
gewichen war, und sie gesäubert, um sie lasziv auf den Laken zu drapieren. Ihr
Nachbar hatte einen Streifenpolizisten verständigt, da er Schleifgeräusche aus
ihrem Haus gehört hatte.
„Seid
Ihr den Schreiber losgeworden?“, fragte Howard, der über die Leiche gebeugt an
deren Haar zu riechen schien.
Sie
hatten die Kutsche von weitem kommen sehen und gewusst, dass es nur Marshall
sein konnte, der zu so früher Stunde seiner Arbeit nachging. Irgendeiner seiner
kleinen Spitzel war immer wach und so war er stets über jegliches Geschehen in
der Stadt informiert.
Zur
Antwort nickte Donatien, doch sein Vorgesetzter wandte sich nicht um, sodass er
zu einem leisen Mhm gezwungen war. Aufgrund
der ungewohnten Belastung schmerzten seine Stimmbänder und er räusperte sich,
um das Kratzen im Hals zu lindern.
„Gute
Arbeit. Dieses Pack wird immer unerträglicher, vor allem Marshall. Ich sollte bald
etwas dagegen unternehmen“, murmelte Howard. „Sie haben ihr alles vom Leib
gestreift, was sie anhatte.“ Er deutete auf den Waschtisch, auf dem Haarbänder
und Kämme lagen. „Auch den Schmuck haben sie ihr abgenommen. Bis auf dieses
Stück hier.“
Donatien
folgte Howards Zeigefinger, dessen Spitze auf einen einzelnen Ring zeigte. Dann
wanderte sein Blick zu dem Kleid hinüber, welches an einer Stelle von Blut
besudelt war. Es war jene Stelle, an der sich die Klinge einen Weg in Eileen
Forsythes Fleisch gebahnt hatte.
„Alles
ist sauber, was bedeutet, dass sie das arme Mädchen nicht hier, sondern
irgendwo ausserhalb des Hauses umgebracht haben. Aber der Täter wusste, wo sie
wohnte, und hat sie hergebracht.“
Donatien
klatschte in die Hände und Howard wandte sich ihm zu, um seine Gebärden zu
verfolgen: Vielleicht hat er sie auf dem
Balkon oder im Garten überrascht.
Der
Chef de police schüttelte den Kopf.
„Auf dem Balkon habe ich mich umgesehen. Er ist von einer Schneeschicht
bedeckt. Die einzigen Spuren dort draußen sind Vogelfüßchen auf dem Geländer.
Gershwin und Turnbull sehen sich gerade im Garten um. Ich hoffe, sie finden
etwas.“
Donatien
nickte schwach und tat einen Schritt Richtung Bett, um der Toten den Ring vom
Finger zu ziehen. Er las die Gravur und gab einen Laut von sich, der den
Inspektor an seine Seite beschwörte. Von draußen hörten sie zwei oder mehrere
heranfahrende Kutschen.
„Was
habt Ihr gefunden?“, fragte Howard und nahm das Schmuckstück an sich, um es
eingehender zu betrachten. Auch er widmete sich der Inschrift: In Liebe, Iljanko. „Ein Ring von Peshnic
ist das Einzige, das der Mörder ihr am Leib gelassen hat. Was will er uns
damit sagen? War er eifersüchtig? Vielleicht war es auch eine ehemalige
Geliebte Peshnics, die sich mit der Trennung nicht abfinden konnte und sich
durch die Zeitungsartikel provoziert fühlte, in der Peshnic und Forsythe als perfektes
Paar dargestellt wurden.“
Wieder
antwortete Donatien mit einem Nicken.
„Was
ist hier vorgefallen, zum Teufel?“, knurrte Howard und fasste in die Brusttasche
seines Hemdes, doch überlegte es sich in letzter Sekunde anders und ließ das
Zigarettenetui wo es war. Vermutlich wollte er den Tatort nicht mit Asche verfälschen,
die irgendein armer Trottel als Beweismittel eintütete.
Mike
Ruffalo gesellte sich zu ihnen. Sein Eintreten wurde von Geros Fiepen begleitet.
„Myrtle kommt jeden Moment, um die Leiche in Augenschein zu nehmen“, verkündete
der groß gewachsene Mann und sah sich forschend um. „Mr Goodfellow ist zurück.“
Die Treppe knarzte unter dessen leichtfüßigen Schritten.
„Mit
Peshnic?“, fragte Howard hoffnungsvoll.
Goodfellow,
der blutjunge Deputé Howards,
erschien unter dem Türsturz und erwiderte grimmig: „Mit schlechten
Nachrichten.“
„Raus
damit“, forderte Howard und griff erneut an seine Brusttasche, nur um die
Finger abermals sinken zu lassen.
„Peshnic
war tief getroffen von den Neuigkeiten, die ich ihm überbrachte, aber er lehnte
es ab, mich zu begleiten. Er sagt, er möchte seine Geliebte in Erinnerung
behalten, wie sie im Leben war, und nicht im Tode.“
Howard
brummte missmutig und gab den Kampf gegen seine Sucht auf. Er zog ein Päckchen Golden Petiol hervor und steckte sich
eine an. Mit der Zigarette zwischen den Lippen fragte er: „War herauszufinden,
ob er ein Alibi für letzte Nacht hat?“
„In
der Tat, Sir. Er verfügt über eines, das mir wasserdicht erscheint“, nickte Dean
Goodfellow und verschränkte die Hände hinter dem Rücken, um eine vorbildliche
Haltung anzunehmen. „Er behauptet, auf einer Versammlung von Politikern gewesen
zu sein, die länger dauerte, als erwartet. Anschließend war er mit zwei Männern
auf einen Drink. Alle genannten Zeugen bestätigen unabhängig voneinander seine
Geschichte.“
„Ab
wann war er nicht mehr in Gesellschaft?“
„Laut
Aussage des Barmannes haben die Herrschaften den Club gegen vier Uhr morgens
verlassen.“
„Das
ist kaum eine halbe Stunde her“, stellte Howard fest und strich sich mit dem
Daumennagel über die Lippen, während er die Leiche anstarrte. Der Glimmstängel in
seiner Rechten setzte Rauchzeichen ab, als wolle er um Hilfe rufen.
Mike
Ruffalo mischte sich ein: „Ich bin kein Arzt, wie meine Gattin, aber ich kann mit
Sicherheit sagen, dass Miss Forsythe schon länger tot ist. Ich vermute, sie
starb weit vor Mitternacht. Aber lassen wir Myrtle ihre Arbeit tun. Gewiss kann
sie uns mehr dazu sagen.“
Howard
nahm einen Zug und seufzte unterdrückt. „Meine Herren, ich muss daran erinnern,
dass wir uns augenblicklich in Personalnot befinden. Sollte Eure Frau keinen
Hinweis auf den oder die Täter finden, Ruffalo, tappen wir im Dunkeln.“ Er rieb
sich die Stirn.
„Unser
Opfer hatte einen Bruder. Peshnic fragte, ob der schon davon wisse“, meinte
Goodfellow. „Ich verneinte und fragte ihn nach dem Namen. Er muss bei der
Eheschließung den seiner Gemahlin angenommen haben, denn er heißt jetzt
Degwich. Peshnic nannte mir seine Adresse, doch ich wollte alles weitere mit
Euch abklären, ehe ich handle.“
„Gut
gemacht, Dean. Nehmt Euch einen Constable und fahrt zu Degwich“, wies Howard
an. „Doch befragt ihn nicht, sondern bringt ihn aufs Revier. Ich möchte selbst
mit ihm sprechen, wenn ich schon Peshnic nicht haben kann.“
„Jawohl,
Inspektor.“ Goodfellow verbeugte sich und eilte nach draußen.
Alle
blickten ihm nach, bis Howard das Wort ergriff: „Und wir warten unten auf den
Doktor.“
Donatien
trat als Letzter aus dem Raum und Gero gesellte sich an seine Seite, um so
dicht bei Fuß zu gehen, dass Donatien die Schulter des Hundes am Bein spürte.
*
In eine
Decke gehüllt saß Drystane vor dem Kamin in seinem Büro und versuchte, die
Kälte aus seinem Inneren zu vertreiben. Er fröstelte und seine Finger, die er
um eine Tasse mit schwarzem Tee geschlungen hielt, schmerzten. Sein Mantel hing
an einem Kleiderbügel nahe dem Feuer und würde sich mit dem unangenehmen
Rauchgeruch vollsaugen.
„Das
ist alles Giancovellis Schuld“, beschwerte er sich bei Neb, der irgendwo hinter
ihm an einer Zeichnung arbeitete. „Der Mistkerl wird mich noch um all meine
Besitztümer bringen. Und um den Verstand. Nicht zu vergessen um meine
Anstellung. Ach was, das Arschloch wird mich ins Grab bringen!“
„Ihr
reagiert über, Mr Marshall“, kam mit einem unterdrückten Seufzen zurück,
welches Drystane daran erinnerte, dass er anderen Menschen schnell anstrengend
wurde. Offenbar war es nun auch bei Neb soweit, obgleich der Mann erst seit
wenigen Wochen in seinen Diensten stand.
„Ich
reagiere über? Du hast gesehen, wie er mit mir umgeht! Sehe ich wie jemand aus,
mit dem man auf diese barsche Weise umspringen kann?!“
„Natürlich
nicht, Sir. Giancovelli weiß es eben nicht besser. Weshalb hängt Ihr Euch derart
an seinem Verhalten auf? Lasst es gut sein. Ihr müsst mit dem Kerl nichts zu
schaffen haben, wenn Ihr ihn nicht ausstehen könnt.“
„Nichts
zu schaffen haben?“, wiederholte Drystane. „Ich will ja gar nichts mit ihm zu
schaffen haben, aber er sabotiert meine Arbeit!“
„Es
gibt tausend andere Dinge, über die Ihr schreiben könnt. Die Leute lieben Eure
Artikel um Eurer bissigen Wortwahl willen. Da ist es ganz gleich, worum es in
den Berichten geht.“
Drystane
rieb sich mit kalten Fingerspitzen die Schläfe, hinter der eine Ader kraftvoll
pochte. „Ich möchte über Ereignisse berichten, die von Bedeutung sind. Forsythe
war die Geliebte eines wichtigen und ebenso zwielichtigen Politikers. Jetzt ist
sie tot. Was würde ich nicht alles dafür geben, ihre Leiche zu sehen, um meine
Eindrücke zusammenfassen zu können.“
Der
unleidige Giancovelli machte seine Bemühungen immer öfter zunichte. Die Lage zwischen
ihnen war seit jeher prekär, doch schien sich zuzuspitzen. Oder tat sie das nur
in seinem Kopf? War es bloß wegen dieser Sache, die ihm nicht aus dem Schädel
wollte?
„Neb,
lass mich allein“, murmelte er.
Der
Zeichner gehorchte offenbar nur allzu gerne und suchte das Weite.
Drystane
erhob sich mitsamt seinem Überwurf und der Tasse, um die Jalousien seiner
verglasten Wand in den Gang hinaus herunterzuziehen und die Tür abzuschließen.
Dann nahm er erneut vor dem Kamin Platz und sah in die lodernden Flammen. Ein
ungeheuerlicher Verdacht ließ ihn nicht los.
Es
war noch keine drei Wochen her, seit man ihn zuletzt entführt hatte. Man hätte
ihn umgebracht, aber dazu war es nicht gekommen. Sein Leben war gerettet worden
und Giancovelli war daran maßgeblich beteiligt gewesen. Und das war genau jener
Teil, der ihn um den Schlaf brachte. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Giancovelli
aus Gutmütigkeit gehandelt hatte. Da
musste etwas dahinterstecken!
Die
Männer, die für Drystanes Entführung verantwortlich gewesen waren, waren
inzwischen entweder in die ewigen Jagdgründe vorausgegangen – darunter auch der
ehemalige Polizeichef und Menschenhändler Hathaway – oder befanden sich in
Verwahrung. So glaubte und hoffte er. Was aber, wenn das nicht stimmte? Was,
wenn Giancovelli zu ihnen gehörte? Wenn er ein Verbrecher war und man Drystane
nur verschont hatte, um ihm zu gestatten, Teil eines größeren Ganzen zu werden –
und ihn später zu töten?
Als
er jene Bedenken seinen Freunden Franco und Corvin gegenüber erwähnt hatte,
hatten diese bloß gemeint, dass er sich in Wahnvorstellungen verstrickte. Daraufhin
hatte er versucht, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Doch er konnte es
nicht. Es ließ ihm keine ruhige Minute, nicht zu wissen, weshalb Giancovelli
ihn nicht hatte sterben lassen, sondern alles in seiner Macht stehende getan
hatte, um sein Ableben zu verhindern.
Er
brauchte Gewissheit und die würde er nur bekommen, wenn er sich an Giancovellis
Fersen heftete und sich selbst davon überzeugte, dass der Mann kein Krimineller
war, der ihm im richtigen Moment an den Kragen wollte.
Oder eben doch.
Liebe Tharah
AntwortenLöschenGeschafft jetzt bin ich mega neugierig und freu mich auf die ganze Geschichte.
GLG Vera ��
*hehe* Dass du neugierig bist, höre ich gerne! :D
LöschenLiebe Tharah,
AntwortenLöschenEin gelungener Auftakt und ich warte wie immer schon ganz *hibbelig*
GLG. Traude
Sehr schön, sehr schön *gg* Lange musst du ja nicht mehr warten, bis du den ganzen Roman lesen kannst :)
LöschenLiebe Tharah, deine Geschichte muss ich unbedingt lesen, ich möchte wissen wie es weiter geht und und......
AntwortenLöschen*lach* Ist der Kommentar auch eine Leseprobe und der Rest kommt nach deinem Lesen der gesamten Lektüre? :D
LöschenHallo
AntwortenLöschendas sind doch mal gute Neuigkeiten :-)
Wieder eine wunderbare Umschreibung:
"Der Glimmstängel in seiner Rechten setzte Rauchzeichen ab, als wolle er um Hilfe rufen."
Ist schon absehbar wann dein neues Werk erscheinen wird?
LG Sonja K.
Liebe Sonja!
Löschen*haha* Vielen Dank für das Kompliment *freu*
Jaaa, planmäßig wird es ab 16. März erhältlich sein!
Liebe Grüße!
Tharah