Mein
Name wird niemals über deine Lippen kommen, wenn du mit jemandem
sprichst.
Die
feuchten Hände tief in den Taschen seiner feinsten Beinkleider
vergraben, schritt Corvin Chancey den Gang entlang. Mühsam versuchte
er, das Wummern seines Herzens zu ignorieren. Zu diesem Zweck lenkte
er seine Aufmerksamkeit auf die düstere Umgebung. Die Öllampen
brachten die wenigen Kommoden und Ziergegenstände dazu, düstere
Schatten zu werfen. Seine Schritte wurden von einem Läufer gedämpft,
dessen Farbe ihn an auf Pflasterstein vergossenes, eingetrocknetes
Blut erinnerte. Er hatte oft genug jemandes Schädel umgeben von dem
schmutzigen Rot in einer Gosse liegen sehen, um zu wissen, wovon er
sprach.
Die
Wände waren vollgestopft mit Waffen. Unzählige Gewehre und Revolver
in verschiedensten Ausführungen hingen neben- und übereinander,
bedeckten beinah vollständig die grässlich braune Tapete mit
schwarzen Mustern. Corvin konnte sich nie entscheiden, was er
beunruhigender fand – die Waffen oder die geschmacklose
Wandbekleidung. Beiderlei sagte viel über den Besitzer des
Stadthauses, das inmitten eines der besten Viertel der Stadt stand.
Aufgrund
mangelnder Erfahrung weiß ich nicht, wie du es für gewöhnlich
handhabst, doch ich will nicht, dass du mich küsst. Auch
Zärtlichkeiten jeglicher Art lehne ich ab.
Franco
Deverauxs Worte im Kopf, erreichte er sein Ziel. Hart schluckend
hielt er ein paar Schritte vor der offenen Tür aus edelstem Mahagoni
inne. Über dieser hing Deverauxs Heiligtum. Eine moderne Armbrust,
welcher er einen flüchtigen Blick zuwarf. Dann musste er einen
tiefen Atemzug tun, um die letzte Distanz überwinden zu können und
eine Sekunde später im Türrahmen zu stehen.
Seine
Lippen öffneten sich ohne sein Zutun und seine Lider senkten sich,
als er Deveraux erblickte. Der Mann saß hinter seinem Schreibtisch,
über ein aufgeschlagenes Notizbuch gebeugt, dieses konzentriert
studierend. Sein Haar glänzte im spärlichen Schein der Lampen. Ein
ungeübter Blick würde behaupten, es wäre schwarz wie Ebenholz.
Corvin wusste es besser – die seidige Masse hatte die Farbe einer
Schwarz-Esche. Ihm wurde die Kehle eng, während er Deverauxs fein
geschnittenes Profil musterte. Seine Züge waren wie gewohnt ernst.
Pockennarben zeichneten seine blasse Haut an den mageren Wangen.
Schlanke Finger blätterten behutsam um und Corvin musste sich über
die Lippen lecken. Es dauerte ein paar weitere Momente, in denen sein
Herz verwirrt vor sich hin stolperte, ehe er sich bemerkbar machen
konnte: "Guten Abend, Master." Er bemühte sich, seine
Stimme fest klingen zu lassen, doch vernahm das Beben darin.
Seine
Aufgeregtheit steigerte sich, als Deveraux den Kopf hob, um ihm in
die Augen zu sehen. In seinem Bauch flatterte etwas. Ausgerechnet in
seinem, obgleich er für seine Gelassenheit bekannt war. Verfluchte Scheiße, Mann, was war das bloß?
"Guten
Abend, Chancey", gab Deveraux seidig weich zurück, ohne dass
seine elegant geschwungenen Lippen sich mehr als kaum merklich teilen
würden, geschweige denn den Hauch eines Lächelns zeigten. Seine
Miene wirkte abweisend, was einen Außenstehenden verwundern könnte.
Immerhin bezahlte Deveraux für Corvins Gesellschaft und seinen
Körper.
Allerdings
blieb Corvins Irritierung aus, da er wusste, dass sein Master keinen
Gefallen an ihm fand. Aus eben diesem Grund hatte Deveraux ihn
ausgewählt. Weil man nicht vermuten würde, was sie hinter
verschlossenen Türen und vorgezogenen Vorhängen miteinander taten.
Die früheren Liebhaber Deverauxs waren von auffälliger Schönheit
und Zierlichkeit gewesen, wie Corvin in Erfahrung gebracht hatte.
Zugegebenermaßen konnte er sich mit seinem provinziellen Aussehen,
seiner stämmigen Erscheinung und den, für einen Kerl, zu breiten
Hüften nicht ganz nahtlos in diese Reihe einordnen.
"Euer
Butler hat seinen Rekord von vorletzter Nacht gebrochen. Als er mich
eingelassen hat, waren seine Mundwinkel so weit nach unten gezogen,
dass ich Angst hatte, er würde sich irgendwas zerren", erzählte
er in munterem Ton, um seine Nervosität zu überspielen und wie
gewohnt die Stimmung zu lockern. Er ging zum Sofa hinüber, zog sein
Jackett aus und warf es über einen der Lehnsessel. Auf dessen
Sitzfläche lag ein frisches Laken und Corvin breitete es auf der
Chaiselongue aus – Deveraux mochte es nicht, wenn der goldfarbene
Stoff beschmutzt wurde.
Sein
Master erhob sich nach einem weiteren Blick auf das Buch, das auf dem
Tisch – Mahagoni mit goldfarbenen Beschlägen – ruhte. "Der
Tag war eine Katastrophe. Seine Laune bietet demnach keinen Grund zur
Befremdung."
Corvin
hielt inne, die Finger am Knoten seines Halstuchs, das er nur für
Deveraux anlegte. Neugier und Sorge regten sich in ihm. "Was ist
geschehen?"
"Nichts,
das für dich von Bedeutung wäre", wurde er kühl abgefertigt.
"Sehr
wohl, Master", nickte er unterwürfig und ließ den anderen den
Spott nicht bemerken. In der Verhüllung dieser Regung hatte er
Übung. Die meisten Männer, mit denen er für Geld das Bett teilte,
forderten tiefste Ergebenheit. Da Corvin mehr Stolz besaß, als er
sich leisten konnte, musste er seine Demut zumeist vortäuschen.
Mit
der üblichen Zaghaftigkeit gesellte Deveraux sich zu ihm, um
unschlüssig vor ihm stehen zu bleiben. Sein Körper überragte
Corvin nur eine Winzigkeit. Abermals musste er schlucken, als er
seinen Blick über die, von teurem Stoff verborgene, Perfektion
schweifen ließ, die sich Franco Deveraux nannte.
"Habt
Ihr besondere Gelüste heute Abend, Master?", fragte er heiser
und sah in schieferblaue Augen, die ihn distanziert musterten.
Ein
Kopfschütteln reichte ihm als Antwort. Sie würden im Arbeitszimmer
bleiben. Das taten sie immer. Deverauxs Schlafzimmer war für den
Mann bestimmt, den dieser eines Tages lieben würde. Ein Stricher
hatte dort nichts zu suchen.
Deveraux
hatte es nicht so ausgedrückt, doch das musste er auch nicht...
hach schmacht .... da will man unbedingt mehr von lesen ...
AntwortenLöschenIch freu mich, dass dir die Leseprobe gefällt! :)
LöschenBis zur Erscheinung des Romans dauert es ja nicht mehr allzu lange.
Ohhh....das macht sehr neugierig .
AntwortenLöschenKG Vera
Das freut mich sehr *hihi*
LöschenWOW, tolle Leseprobe!!
AntwortenLöschenWann gibt es mehr davon? Weißt du schon ein Erscheindungsdatum? :-)
LG Angelika
Liebe Angelika!
LöschenDanke für deinen Kommentar! Ich freu mich sehr, dass dir der kleine Vorgeschmack gefallen hat!
Allzu lange dauert es nicht mehr. Wenn der Countdown oben rechts abläuft, erfahrt ihr mehr :D
Liebe Grüße!
Macht definitiv neugierig auf mehr. 😀
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
Sabrina
Das wollte ich hören *lach* :)
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